Laut einem Artikel der New York Times spielt der südkoreanische Tech-Gigant Samsung mit dem Gedanken auf seinen Galaxy-Smartphones die vorinstallierte Google Suche durch Bing zu ersetzen.
Kann Microsoft durch die Integration von ChatGPT in die Suchmaschine Bing dem Branchenleader Google tatsächlich Marktanteile streitig machen? Oder ist der Wechsel der Suchmaschine eine Falschmeldung?
Fakt ist: So einfach wäre eine Umstellung von Google auf Bing nicht.
Was ist dran an dem Gerücht?
Aktuell verhandelt Samsung mit Google über die Fortführung der Geschäftsbeziehungen. Das ist nicht ungewöhnlich, denn es werden alle paar Jahre neue Konditionen ausgehandelt.
Bisher sah der Deal so aus: Samsungs Mobilgeräte basieren auf Android und nutzen den PlayStore zur Installation von Apps. Im Gegenzug verlangt Google, dass seine Suche bereits als Standard auf den Geräten in vielen Ländern vorinstalliert ist. Das ist in einem Vertrag namens „Mobile Application Distribution Agreement“, kurz MADA festgelegt. Im Jahr 2022 hatte Google Samsung dafür mit rund 3,5 Milliarden Dollar am Gewinn durch Suchmaschinenwerbung beteiligt.
Falls Samsung die aktuelle Suche durch Bing ersetzen möchte, würde das auch den Verzicht auf andere Dienste aus dem Google-Ökosystem bedeuten. Denn Google vermarktet seine Produkte nur als Gesamtpaket.
Es ist kaum vorstellbar, dass der südkoreanische Hersteller ein Smartphone mit einem eigenen Betriebssystem auf den Markt bringen wird, ohne Zugriff auf den Play-Store und andere Apps wie Gmail, Google Maps und weitere Dienste.
Was die Verbannung aus dem Google-Universum bedeutet, musste erst kürzlich Huawei erfahren, als aufgrund der von der US-Regierung ausgesprochenen Sanktionen Google die Zusammenarbeit gekündigt hatte.
Daher ist es unwahrscheinlich, dass Samsung die Geschäftsbeziehungen zu Google kündigen möchte und mit einem eigenen Betriebssystem auf den Markt geht. Es wird eher spekuliert, dass Samsung plant, auf das von Google neu entwickelte und Linux-basierte Betriebssystem Fuchsia OS umzusteigen – dem Nachfolger von Android.
Aber wie kam das Gerücht über den Google-Rückzug zustande?
Insider vermuten, dass die Meldung zum Wechsel auf Bing gezielt zur Verhandlungszeit gestreut wurde, um den Suchmaschinen-Marktführer unter Druck zu setzen und eine höhere Gewinnbeteiligung für Samsung herauszuholen.
Wenn man einigen Artikeln im Internet glaubt, soll die Nachricht, dass Samsung mit Bing und ChatGPT liebäugelt, geradezu Panik bei Google Mitarbeitern ausgelöst haben. Eine offizielle Stellungnahme zum aktuellen Sachverhalt gibt es derzeit aber von keiner der beteiligten Firmen.
Freie Suchmaschinenwahl in Europa
Für uns in Deutschland ist es völlig unerheblich, welche Suchmaschine auf zukünftigen Galaxy-Handys vorinstalliert ist. Denn in ganz Europa (und seit 2023 auch in Indien) gilt der Grundsatz der freien Suchmaschinenwahl, nachdem die EU-Kommission im Jahr 2018 eine Milliardenstrafe in Rekordhöhe gegen Google verhängt hatte.
Seitdem hat ein europäischer Android Nutzer bei der Einrichtung seines neuen Smartphones die Wahl zwischen zwölf verschiedenen Suchmaschinen. Dennoch entscheiden sich noch immer viele Nutzer für den Marktführer Google, der seit Jahren einen Marktanteil von über 80 Prozent besitzt.
Es bleibt abzuwarten, ob sich die Marktanteile jetzt verschieben, nachdem Microsoft ChatGPT bei Bing eingeführt hat.
Ist Bing mit integriertem ChatGPT eine Gefahr für Google?
Zugegeben, es ist schon beeindruckend, wie schnell die künstliche Intelligenz selbst komplexere Fragen versteht und auf Zuruf in Sekundenschnelle Antworten liefert.
Die Suchmaschine ist dank ChatGPT zu einem Kommunikationspartner geworden. Ein bisschen wie ein hilfreicher Freund, der in einem Chat weiterhilft.
Das mag ja bei Alltagsproblemen und generellen Suchanfragen ganz hilfreich sein, aber die künstliche Intelligenz liefert auch kreative Inhalte. Sie schreibt Gedichte und malt Bilder. Zudem soll die KI echten Menschen Inspirationen liefern. Eine Suchmaschine als kreativer Sparringspartner beim Entwickeln von neuen Ideen? Das ist für viele Kreative kaum vorstellbar.
Wenn man die Suchergebnisse genauer betrachtet, merkt man allerdings, dass das künstliche Gehirn deutliche Schwächen hat. Die neue Suchtechnologie ist noch nicht ausgereift. Die KI liefert zwar klare Antworten, aber es sind einige Fehlinformationen dabei. Selbst die offizielle Webseite von Bing warnt, dass man immer sein eigenes Urteilsvermögen einsetzen soll. Die KI-gestützte Suche steckt also noch in den Kinderschuhen.
Um von Bing nicht abgehängt zu werden, möchte der Branchenprimus bald nachziehen. Bereits seit mehreren Monaten arbeitet Google an einem neuen KI-Projekt mit dem Namen „Magi“, das im Mai der Öffentlichkeit vorgestellt werden soll.
Allerdings kommen die neuen Features wie immer zuerst in den USA auf den Markt. Bis Ende 2023 könnten aber auch wir hier in Deutschland von einer KI-gestützten Suche des Markführers profitieren.
Wenn Google jetzt mit einer eigenen KI mit Bing gleichzieht, macht auch das einen Wechsel von Samsung zu Bing unwahrscheinlicher. So leicht lässt sich der Marktführer eben nicht absetzen.